„Keiner ist im Internet anonym, alles ist nachvollziehbar“
Christoph Kasseckert referierte über Internetmissbrauch und Gesetzeslagen
BAD STAFFELSTEIN. Im vergangenen Schuljahr bekam die Viktor-von-Scheffel-Realschule Bad Staffelstein Besuch vom „MIB“ – nein, nicht von Will Smith und seinen „men in black“ aus dem gleichnamigen Kinofilm, sondern vom medienpädagogisch-informationstechnischen Berater für Realschulen in Oberfranken, Christoph Kasseckert, seines Zeichens Konrektor einer Realschule in Bayreuth. Er referierte in den Jahrgangsstufen ab der siebten Klaase zu einem hoch aktuellen Thema: Dem Internetmissbrauch.
Das Internet ist eine Errungenschaft, die zweifelsohne für viele Berufsgruppen ein echter Segen ist. Es ermöglicht schnelle Recherche, schnelle Absprachen, schnellen Datentransfer – und eine Verbindung in Sekundenbruchteilen mit anderen Menschen auf der ganzen Welt. Doch das weltweite „Netz“ hat auch deutliche Nachteile, öffnet Scharlatanen Tür und Tor. Doch keiner ist im Internet anonym, jeder Schritt ist nachvollziehbar – und so kann man bei Verfehlungen sehr schnell zur Rechenschaft gezogen werden.
Rektor Gerhard Allert machte deutlich, wie brisant das Thema Internetmissbrauch ist: An anderen Schulen habe man schon den Fall gehabt, dass Schüler aufgrund ihrer Verfehlungen im „World Wide Web“ von der Schule geflogen seien. Sie hatten sich in Foren („Gesprächsplattformen“ im Internet) über Lehrer ausgelassen, teils auch Fotos eingestellt und wurden dafür bestraft. An der Viktor-von-Scheffel-Realschule Bad Staffelstein war das bislang noch nicht vorgenommen, doch mal wollte präventiv wirken. Und vor allem aufklären.
„Internet: Eine tolle Sache, die jeder nutzt und jeder braucht – doch keiner weiß genau, wie es abläuft“, eröffnete der „MIB“ Christoph Kasseckert. Auch wenn es so scheine: Im Dschungel der Bits und Bytes sei keiner wirklich anonym, jeder hinterlasse deutliche Spuren. „Es ist wie auf eurem täglichen Schulweg. Nur dass man sofort und haargenau weiß, was ihr auf dem Weg alles gemacht habt.“ Kasseckert stellte eine interessante Frage in den Raum: „Wo ist Internet?“ – Da waren die Schüler erst einmal baff. Andere wiederum antworteten keck: „Na, bei mir zu Hause.“ Da musste der „MIB“ schmunzeln: „Wo Internet ist, das habt ihr nicht in der Hand.“ Internet sei ein Verbund von unzähligen Rechnern auf der ganzen Welt – und den Zugang hierzu würden Provider ermöglichen. Natürlich nicht kostenlos und schon gar nicht anonym: : Durch eine Internet-Adresse (IP), eine persönliche Identifikationsnummer, sei alles nachvollziehbar. Und während diese Daten bislang nur bis zu drei Monaten gespeichert werde, so ändere sich zum Jahreswechsel die gesetzliche Bestimmung: Provider müssen dann die Schritte ihrer Kunden im Net ein halbes Jahr lang detailliert speichern. Sehr zur Freude der Ermittlungsbehörden.
Christoph Kasseckert machte deutlich: Grundsätzlich sei jeder über 14 Jahren strafrechtlich für die eigenen Beiträge im Internet verantwortlich. Dies können Beiträge in Gästebüchern, in Chats, auf privaten Homepages, in Mails, Foren oder auch Portalen wie beispielsweise spickmich.de oder schueler.cc sein. Wichtig sei, so der medienpädagogisch-informationstechnischen Berater, dass man Persönlichkeitsrechte nicht verletze. Das geschehe bereits, wenn Schüler beispielsweise die Namen von Lehrern verwenden und in deren Namen Beiträge abfälliger, beleidigender oder auch entwürdigender Art verfassen. Oder wenn Schüler eine Lehrkraft ohne ihr Wissen und ohne ihren Willen abbilden, mit einem Foto, mit einem (Handy-) Video oder per Sprachaufnahme. Dabei ist es irrelevant, ob man das zum Zweck der nachfolgenden Veröffentlichung tue.
Wer Lehrer im Internet angreift, beleidigt oder diffamiert, muss ebenfalls mit entsprechender Bestrafung rechnen. Hier greife dann, so erläuterte Kasseckert, der Paragraph 185 des Strafgesetzbuchs. Auch personenbezogene Daten dürfen nicht ohne die Zustimmung verbreitet werden. Wer üble Nachrede betreibe oder andere verleumde, der kollidiere ebenso mit dem StGB. Gleiches gilt für die Einstellung von Fotos und Videos im Internet ohne deren Einwilligung. Immer wieder betonte Christoph Kasseckert: Für Ermittlungsbehörden sei die Nachvollziehbarkeit der Autoren ein Klacks – und werde zum Jahreswechsel noch leichter. Die Folgen könnten von Abmahnungen über zahlreiche Stunden gemeinnützige Arbeit bis hin zu Schulverweisen und mehr reichen. Allerdings: Das Landgericht Köln hat in einem Urteil vom Sommer diesen Jahres festgestellt, dass die Lehrerbewertungsplattform spickmich.de prinzipiell legal ist: Das Persönlichkeitsrechts sei nicht eingeschränkt, da Werturteile, die nicht bewiesen werden müssen, unter freie Meinungsäußerung fallen, sofern sie keine Unwahrheiten enthalten. Zudem werden keine sensiblen Daten verbreitet, sondern nur solche, die auch auf jeder Schulhomepage abrufbar seien.
Markus Drossel